Die Energie- und Wärmewende ist eines der großen Vorhaben der europäischen und österreichischen Politik. Doch die Umsetzung ist gefährdet. Es mangelt an den dafür notwendigen Fachkräften, zeigt eine aktuelle Studie des Beraternetzwerks KREUTZER FISCHER & PARTNER.
[Wien | 03.09.2025] Ohne Bauwirtschaft ist die Umsetzung der Energie- und Wärmewende nicht vorstellbar. Denn es ist im Wesentlichen der Bau, der für einen thermisch optimierten Gebäudebestand sorgt, für die Verwendung umweltfreundlicher Heizungssysteme und die Nutzung regenerativer Energiesysteme. Zudem gäbe es ohne der Bauwirtschaft keine Renaturierung von Flüssen und Bächen, keine E-Ladestationen, kein leistungsfähiges Internet.
„Doch der Weg in eine grüne, emissionsfreie Zukunft ist gefährdet“, sagt Studienautor Andreas Kreutzer, „Denn es fehlen die notwendigen Fachkräfte, die den Umbau der dafür notwendigen Infrastruktur, die Dekarbonisierung des Gebäudebestands auf den Weg bringen“. Grund dafür ist nicht zuletzt die viel zu geringe Anzahl an Auszubildenden in nahezu allen der relevanten Baugewerke. In den Jahren 2023/2024 absolvierten im Schnitt rund 4.800 Burschen und Mädchen erfolgreich ihre Lehrabschlussprüfung, 2015 waren es noch um gut 1.000 Ausgebildete mehr.
Dabei sind die Herausforderungen im Zusammengang mit der Umsetzung der Energie - und Wärmewende enorm. Im Vorjahr legte das Marktforschungsinstitut BRANCHENRADAR Marktanalyse, eine Studie vor, in der alleine die Investitionen für die Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2040 mit 259 Milliarden Euro beziffert werden. Das entspricht in etwa dem Fünffachen der jährlichen österreichischen Bauproduktion. Um das zu stemmen, müsste das Beschäftigungsniveau in der Bauwirtschaft um etwa ein Fünftel angehoben werden. Aus heutiger Sicht ist das selbst mittelfristig illusorisch, da eine derart große Lücke auch nicht mit qualifizierten, ausländischen Fachkräften geschlossen werden kann.
Vier mal mehr Uni-Abschlüsse in Geisteswissenschaft als Lehrabschlüsse in der Elektrotechnik
Trotz engagierten Versuchen die Lehre zu attraktivieren, wählen mehr und mehr Jugendliche den Weg zu einer höheren Ausbildung. So übertraf beispielsweise im Jahr 2023 alleine die Anzahl der Studienabschlüsse in Psychologie mit 2.951 Diplomen die erfolgreich bestandenen Lehrabschlussprüfungen in der Installations- und Gebäudetechnik (805 Abschlüsse), von Dachdeckern (137 Abschlüsse) und Spenglern (223 Abschlüsse), Malern und Beschichtungstechnikern (274 Abschlüsse) sowie Zimmerern (556 Abschlüsse) zusammen gerechnet um 57 Prozent. Die Studienrichtungen Politikwissenschaft und Journalismus zählten mit 1.613 Diplomen etwa 60 Prozent mehr Absolventen als die Lehrberufe Maurer und Hochbautechniker (1.005 Abschlüsse) und die Anzahl der Abschlüsse in den Studienrichtungen der Geisteswissenschaften und Künsten war viermal so hoch als die bestandenen Lehrabschlüsse in der Elektrotechnik (1.314 Abschlüsse). Alles in allem gab es alleine in den Studienrichtungen Geisteswissenschaften und Künste sowie Sozialwissenschaften, Journalismus und Informationswesen mit 11.861 Abschlüssen ordentlicher Studien mehr als doppelt so viele Absolventen wie in den für die Umsetzung der Energie- und Wärmewende relevanten Lehrberufen.
„Mit dem Zahlenvergleich wollen wir keinesfalls einzelne Universitäts- oder Fachhochschulausbildungen diskreditieren und schon gar nicht spezielle Berufsgruppen“, betont Kreutzer, „Vielmehr wollen wir exemplarisch aufzeigen, wie sich die Ausbildungspräferenzen in Österreich aktuell verteilen und einen (von vielen) Erklärungsansatz liefern, warum der eklatante Fachkräftemangel die Realisierung der Energie- und Wärmewende bremst“.
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